PhyloCode und DNA Barcoding - Taxonomische Regeln und Techniken im Wandel?

Autor/innen

  • Peter Nagel

DOI:

https://doi.org/10.21248/contrib.entomol.56.2.387-403

Abstract

Die Begriffe PhyloCode und DNA Barcoding stehen für innerhalb der Wissenschaftsgemeinschaft heftig diskutierte, jüngere Entwicklungen, die insbesondere für die Taxonomie (Systematik) und unmittelbar darauf aufbauende Disziplinen wie die Biogeographie grosse Relevanz haben. Der PhyloCode wurde als internationales Regelwerk für die phylogenetische Nomenklatur gegründet. Seine Ziele beinhalten die Einführung eines universell für alle Organismen gültigen Systems auf der Basis der phylogenetischen Beziehungen. Existierende Normen wie die Internationalen Regeln für die zoologische Nomenklatur (ICZN) sind primär merkmals- und rang-basiert und ermöglichen kein detailliertes Abbild der phylogenetischen Beziehungen. Der PhyloCode nennt Regeln für die Benennung von Monophyla und anderen Kladen, verzichtet aber auf jede Information über die relative hierarchische Position der Abstammungsgemeinschaften. Die angeblich im Gegensatz zu den existierenden Regelwerken vorhandene Stabilität der Nomenklatur kann nicht nachvollzogen werden, da sich die als Begründungen verwendeten Synapomorphien bei Revisionen als Homoplasien herausstellen können. Auch die Prüfung weiterer Punkte des PhyloCode ergab keine Hinweise auf belegbare Vorteile im Vergleich zu einem System wie dem ICZN, das durchaus Defizite in Bezug auf die Erkenntnisfortschritte der phylogenetischen Forschung aufzuweisen hat, das sich aber im Prinzip seit 250 Jahren und als offizielles Regelwerk seit 100 Jahren bewährt hat. - Das DNA Barcoding („Strichcode des Lebens“), steht für eine Genabschnitt-Methode zur Kennzeichnung aller Arten. Das mitochondriale Gen COI wurde als der DNA-Abschnitt bestimmt, mit dessen Hilfe sich theoretisch jeder Organismus eindeutig beschreiben und identifizieren lassen soll. Die Analyse und Datenbank-speicherung der COI-Sequenz aller Arten wurde als effektivere Methode zur Beschreibung der taxonomischen Biodiversität bezeichnet als die derzeit verwendeten, oft nicht-molekularen Methoden der traditonellen Taxonomen. Allerdings ist die COI-bezogene molekulare Analyse sämtlicher bekannter Arten utopisch. Weiterhin können sich die Basensequenzen der Proben von zwei identischen Taxa so sehr unterscheiden, dass eine sichere Bestimmung nicht immer möglich ist. Die für einige Taxa bereits intensiv betriebene COI-Analyse kommt auch der integrativen Taxonomie zugute, die bereits seit längerem schon molekulargenetische neben den traditionellen Methoden verwendet. Das Ziel des DNA Barcoding, nämlich das automatische Identifizieren von Taxa, ist nur in manchen Fällen eindeutig möglich und kann die integrativ arbeitenden Taxonomen nicht ersetzen.

Stichwörter

clade, DNA Barcoding, DNA taxonomy, ICZN, PhyloCode, phylogenetics, molecular systematics.

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Veröffentlicht

2006-12-15

Zitationsvorschlag

Nagel, P. 2006: PhyloCode und DNA Barcoding - Taxonomische Regeln und Techniken im Wandel? - Beiträge Zur Entomologie = Contributions to Entomology 56(2): 387–403 - doi: 10.21248/contrib.entomol.56.2.387-403

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Rubrik

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387-403