Untersuchungen zum Massenwechsel der Kiefernspanner Bupalus piniarius L. und Semiothisa liturata Cl. auf vergleichend-biozönotischer Grundlage. II. Über die Faktoren, die die Populationsdichteunterschiede der beiden Spannerarten in verschiedenen Kiefernwaldtypen außerhalb einer Massenvermehrung verursachen.

Autor/innen

  • Wolfgang Schwenke

DOI:

https://doi.org/10.21248/contrib.entomol.4.3-4.388-451

Abstract

Vorliegende Untersuchung bildet den zweiten und Hauptteil der 1950 begonnenen Untersuchung über den Massenwechsel von Bupalus piniarius L. und Semiothisa liturata Ol. auf vergleichend-biocönologischer Grundlage, deren erster Teil (mit dem Charakter einer Voruntersuchung) 1952 veröffentlicht wurde. - Fußend auf der in dieser Voruntersuchung ermittelten, mit den biocönologischen Konzeptionen im Einklang stehenden, Tatsache, daß innerhalb verschiedener (floristisch abgrenzbarer) biocönotischer Kiefernwaldtypen die Populationsdichte der betrachteten beiden Spannerarten zur gleichen Zeit örtlich verschieden, und zwar konstant verschieden war, wurde die sich daraus ergebende Frage: welche Faktoren diese Unterschiede bedingen, im Jahre 1952 zu beantworten versucht. Der Versuch bestand dabei in einer Analyse des Gradocöns (Schwerdtfeger, 1941) der beiden Arten (d.h. desjenigen Faktorenkomplexes, der ihren Massenwechsel bedingt) bei niedriger Populationsdichte und zugleich in vier biozönotisch verschiedenen, gleichaltrigen Kiefernbeständen (F, T, FM und ST). Die über den Zeitraum einer Generation von Bupalus und Semiothisa führende Untersuchung gliederte sich in Raumstruktur-, Inventar- und Korrelationsstruktur-Untersuchungen. Die Raumstruktur-Untersuchungen erstreckten sich auf eine Analyse der wichtigsten abiotischen und biotischen Raumstruktur-Komponenten. Als abiotische Komponenten wurden die in den beiden Merotopen (Teil-Lebensräumen) der betrachteten Arten, Bodenkrume und Kronenraum, herrschenden Temperatur-, Feuchtigkeits- und Niederschlagsverhältnisse geprüft. Als primärer und wichtigster Träger der raumstrukturellen (Biotop-) Eigenschaften erwies sich der Faktoren-komplex "Feuchtigkeit". - Unter den biotischen Komponenten kommt der Bestandesnadelmasse für die Durchführung der vergleichenden Gradocön-Analyse besondere Bedeutung als Bezugseinheit der Populationsdichte der Spannerarten zu, da die Fundierung der Dichte auf die Flächeneinheit hierbei zu Fehlern führt. An Hand von Wägungen der Frisch-Nadelmasse gefällter Kiefern wurde die Relation Stammdurchmesser/Nadelmasse in einer für die vorliegende Untersuchung genügenden Genauigkeit bestimmt und als Grundlage der Nadelmassen-Bestimmungen verwendet. Die Inventar-Untersuchungen bestanden in floristischen und faunistischen Artenaufnahmen. - Die floristische Artenaufnahme ließ die ökologische Verwandtschaft der drei Bestände des Erdbeer-Beerkraut-Kiefernwaldes, F, T und FM sowie die davon stark abweichende Stellung des Flechtenbestandes ST erkennen. Innerhalb der ersten drei schufen Feuchtigkeitsunterschiede, pflanzensoziologisch betrachtet, drei Pflanzengesellschafts-Varianten, - biocönologisch betrachtet, drei verschiedene Biocönosen. In faunistischer Artenaufnahme wurden die in der Bodenkrume sowie in der Kiefernkrone lebenden und als Spannerfeinde in Frage kommenden Tierarten erfaßt. In beiden Merotopen war die Zahl der Räuber proportional der Feuchtigkeit des Bestandes. - Die Korrelationsstruktur-Untersuchungen bestanden in einer populationsdynamischen Analyse der beiden Arten. Trotz niedriger Populationsdichte und damit fehlender statistischer Sicherung ermöglichte die vergleichende Methode sichere Aussagen über die Vermehrungs- und Vernichtungsfaktoren beider Spannerarten. Unter anderem wurden folgende Ergebnisse erzielt: An der Puppenmortalität hatten die Parasiten den weitaus größten Anteil (Bupalus 1952: 11 bis 14%, 1953: 33 bis 50%, — Semiothisa-Winterbüren 1952: 11 bis 18%, 1953: 18 bis 40% der Gesamt-Puppenpopulation), während die Rolle der Räuber (4 bis 15%) sowie der abiotischen Faktoren (3 bis 7%) nur gering war. Zur Winterpuppen-Parasitierung von Semiothisa kommt die Zwischen-Parasitierung (Sommerpuppen-Parasitierung) in geschätzter Höhe von etwa 10% (1952) und 30% (1953) der Gesamt-Puppenpopulation hinzu. - Als Hauptparasiten der Bupalus-Puppen und der Winterpuppen von Semiothisa fungierten die Schlupfwespen Ichneumon nigritarius Grav. und I. bilunulatus Orav. sowie die Tachinen Carcelia rutilla Rond. und Blondelia nigripes Fall. Die beiden genannten Ichneumonen sowie die Chalcidide Dahlbominus fuscipennis Zett. wurden als Zwischenparasiten von Semiothisa liturata festgestellt. - 6 der 10 insgesamt gezogenen Parasitenarten waren beiden Kiefernspannerarten gemeinsam. - Die durch Freilandzucht ermittelte Zahl abgelegter Eier pro Weibchen betrug bei Bupalus nur etwa 50, bei Semiothisa 65. Als Grund dieser Eizahl-Senkung kommen nur Witterungsunbilden während der Eilegezeit in Frage. Die abiotisch bedingte Faltermortalität ergibt sich daraus zu 62% (Bupalus) und 38% (Semiothisa). - Als biotischer Vernichtungsfaktor der Falter wurde die Raubfliege Neoitamus cyanurus Loew. beobachtet, deren Wirkung aber aus bionomischen Gründen gering blieb. - Die Ei-Mortalität war praktisch gleich 0. Eiparasiten wurden nicht gefunden. Mit etwa 97,5% (Bupalus) und 98,5% (Semiothisa) wurde die Gesamt-Mortalität im Raupenstadium berechnet. Durch vergleichende Raupenzuchten im Freiland, durch regelmäßige Untersuchung der Kronen gefällter Kiefern sowie durch Zucht gesammelter Raupen wurde versucht, innerhalb dieser hohen Vernichtungsquote Vernichtungsfaktoren bzw. -Gruppen gegeneinander abzugrenzen. Es wurde dabei gefunden, daß 1952 die abiotischen Faktoren und die Räuber etwa zu gleichen Teilen die Mortalität verursachten. - Bei Semiothisa liturata wurde ein spezifischer Raupenparasit, Rhogas cantherius Lyle, mit einem Parasitierungsprozent von etwa 2% der Gesamt-Raupenpopulation festgestellt. In anschließender biocönologisch-synthetischer Betrachtung wurden die aus der Analyse gewonnenen Ergebnisse für einen gradologischen Orts-, Arten- und Zeitvergleich verwendet, der in Form von Antworten zu folgenden Fragenkomplexen durchgeführt wurde: Welche Faktoren rufen Populationsdichte-Unterschiede hervor. - 1. innerhalb der Generation einer Art (intraannuäre Populationsdichte-Unterschiede)?, - 2. bei einer Art zu verschiedenen Zeiten am selben Ort?, - 3. bei einer Art zur selben Zeit an verschiedenen Orten? und 4. zwischen verschiedenen Arten am selben Ort und zur selben Zeit?

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Veröffentlicht

1954-09-30

Zitationsvorschlag

Schwenke, W. 1954: Untersuchungen zum Massenwechsel der Kiefernspanner Bupalus piniarius L. und Semiothisa liturata Cl. auf vergleichend-biozönotischer Grundlage. II. Über die Faktoren, die die Populationsdichteunterschiede der beiden Spannerarten in verschiedenen Kiefernwaldtypen außerhalb einer Massenvermehrung verursachen. - Beiträge Zur Entomologie = Contributions to Entomology 4(3-4): 388–451 - doi: 10.21248/contrib.entomol.4.3-4.388-451

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