Zur Kenntnis des Goldafters (Euproctis chrysorrhoea L.) (Beitrag I).

Autor/innen

  • Otto Auersch

DOI:

https://doi.org/10.21248/contrib.entomol.5.1-2.96-126

Abstract

Der Wirtspflanzenkreis von Euproctis chrysorrhoea L., wird auf Grund umfangreicher Freilandbeobachtungen und -untersuchungen in den Jahren 1953 und 1954 umrissen. - Die Pflanzen werden bezüglich ihres Wirtswertes in einer Rangfolge dargestellt. Es zeigt sich, daß auch Acker- und Waldunkräuter als Nährpflanzen dienen können. - Die Falter sind in ihren Geschlechtern unterschiedlich zu aktivem Flug befähigt. Die Weibchen weisen eine außerordentlich große Flugträgheit auf. Der Goldafter ist ausgesprochen ortstreu, so daß eine Verbreitung horizontaler Richtung praktisch nur durch Windverwehungen stattfindet. Das Ei ist entgegen den Literaturangaben nicht kugelig (Fig. 1), sondern von zwei gegenüberliegenden Seiten deutlich eingedrückt. Es ist glänzend-gelblichbraun und macht im Laufe der Embryonalentwicklung keinen nennenswerten Farbwechsel durch. 1954 betrug die durchschnittliche Legeleistung in Zuchten von 272 Eier. Die Legetätigkeit wurde namentlich in der Hauptflugzeit (Juli 1954) stark beeinträchtigt. Es kam durch abgewehte Falter nicht selten zu Fremdablagen (an Gras, Erdboden usw.). Die Eiraupen fressen in der Regel von der Oberseite der Blätter. Der Fraß ist im allgemeinen geringfügig. Er kann aber, wie wir 1954 festgestellt haben, bei starkem Auftreten von Raupen zu einem vorzeitigen Vertrocknen und Abfallen der Blätter führen und damit die Wirtspflanze beachtlich schwächen, was sich besonders bei Obstbäumen wirtschaftlich auswirkt. Das Spinnen der Winternester war 1954 Mitte September nahezu abgeschlossen. Die Nestgröße ist erheblichen Schwankungen unterworfen und hängt im wesentlichen von der Populationsdichte, der Art der Verzweigung, Blattanordnung und -größe sowie von der Stärke der Gelege des Schädlings ab. Bei hohen Befallsdichten werden häufig "zusammengesetzte Nester" gebildet, die äußerlich wie ein geschlossenes Ganzes wirken. Solche Nester weisen bis zu 40 Kammern auf, die in der Regel vertikal angeordnet werden. Die Kammerung der Nester ermöglicht eine weitgehende Isolierung der Raupen, so daß die Ansteckungsgefahr durch Krankheiten von Tier zu Tier vermindert und ein besserer Schutz gegen mechanische, physikalische und biotische Einflüsse gewährt wird. Je größer die Nester sind, desto größer ist der Schutz und um so geringer ist die Überwinterungsmortalität. Wir stellten aus Nestmaterial des Jahres 1953 bei 42846 überwinterten Räupchen eine 6%ige Mortalitätsquote fest. - In den Freilandverhältnissen entsprechenden Versuchen schlüpften die Raupen bei einer mittleren Tagestemperatur von +12°C am 12.4.1954. Die Schlüpfperiode dauerte bei Nestern mit durchschnittlich 793 Raupen in einem Temperaturbereich von +18 bis +22°C fünf bis zehn Tage und bei einem Temperaturverlauf, wie ihn Figur 4 darstellt, bei Nestern mit durchschnittlich 500 Tieren bis vier Wochen. Die ersten Raupen verpuppen sich in der Regel Ende Mai/Anfang Juni. Im Durchschnitt befinden sich in einem Nest vier bis fünf Puppen, zuweilen 16 bis 18. Unter den Vögeln spielen die Meisen als Vernichter von Raupen des Goldafters sowohl im Winter als auch im Sommer die Hauptrolle. Mit fallendem Wert kommen ferner in Frage: Passer domesticus L., Sturnus sturnus L. und Turdus merula L. - Als neue Räuber von Faltern nennen wir die Spinnen Linyphia [triangulans) marginata C. L. Koch und Aranea dumetorum F. - Von den bisher als Parasiten bezüglicherweise Hyperparasiten des Goldafters bekannten Braconiden geben wir eine Übersicht mit Angabe der Zeit ihres Auftretens. - Wir konnten keine Braconiden züchten. - Aus dem uns zur Verfügung stehenden Material konnten wir von den 25 Chalcididen, die als Primär- bzw. Sekundärparasiten von Euproctis chrysorrhoea L. bekannt sind, lediglich Eupteromalus nidulans Thoms. und Monodontomerus aereus Walk. züchten. Erstere war häufig und letztere äußerst selten. Auch von den als Primär- bzw. Sekundärparasiten bekannten 19 Ichneumoniden-Arten geben wir eine Übersicht. Von ihnen konnten Pimpla examinator Fabr. und Theronia atalantae Poda gezüchtet werden. - Acht neue Dipteren-Parasiten des Goldafters werden genannt, darunter eine Drosophilide, die Falter parasitiert hatte. In mehreren Jahren umfangreich durchgeführte Freilandbeobachtungen und Untersuchungen des Jahres 1954 über die Populationsdynamik lassen den Schluß als berechtigt erscheinen, daß Euproctis chrysorrhoea L. massenwechselstabil ist. Wie bei anderen derartigen Schädlingen, so ist es auch hier schwierig, in populationsdynamischen Arbeiten das Stadium der geringsten ökologischen Valenz eindeutig zu ermitteln. Dazu halten wir weitere Untersuchungen für notwendig.

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Veröffentlicht

1955-05-31

Zitationsvorschlag

Auersch, O. 1955: Zur Kenntnis des Goldafters (Euproctis chrysorrhoea L.) (Beitrag I). - Beiträge Zur Entomologie = Contributions to Entomology 5(1-2): 96–126 - doi: 10.21248/contrib.entomol.5.1-2.96-126

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