Phylogenetisch-systematische Revision der westpaläarktischen Gattung Metopsia Wollaston, 1854 (Coleoptera: Staphylinidae, Proteininae).

Autor/innen

  • Lothar Zerche

DOI:

https://doi.org/10.21248/contrib.entomol.48.1.3-101

Abstract

Die westpaläarktische Gattung Metopsia und ihre Arten werden revidiert. Die folgenden sechs Arten werden neu beschrieben: Metopsia similis sp. n. (clypeata sensu Erichson 1839 et auct. nec Müller, 1821) [Europa, Nordost-Türkei], Metopsia assingi sp. n. [Ost-Mediterraneis], Metopsia neglecta sp. n. [Insel Teneriffa], Metopsia elytrata sp. n. [Insel Teneriffa], Metopsia feloi sp. n. [Insel Teneriffa] und Metopsia canariensis sp.n. [Insel Gran Canaria]. Die anderen sechs Arten werden redeskribiert: Metopsia clypeata (Müller, 1821) [West-Europa, Insel Gotland, Nord-Afrika], Metopsia ampliata Wollaston, 1854 [Insel Madeira], Metopsia cimicoides Wollaston, 1864 [Insel Teneriffa], Metopsia tenoensis (Franz, 1986) [Insel Teneriffa], Metopsia palmensis (Franz, 1986) [Insel La Palma] und Metopsia gomerensis (Franz, 1986) [Insel La Gomera]. - Megarthrus retusus Stephens, 1834 syn. n., Megarthrus flavus Stephens, 1834 syn. n., Phloeobium corticale Boisduval & Lacordaire, 1835 syn. n., Phloeobium gallicum Koch, 1938 syn. n. und Phloeobium hispanicum Scheerpeltz, 1960 syn. n. sind neue Synonyme von Metopsia clypeata (Müller, 1821) [Silpha clypeata]. Phloeobium fernandezi Jarrige, 1952 syn. n. ist ein neues Synonym von Metopsia cimicoides Wollaston, 1864. Metopsia fernandezi Last, 1957 (nec Phloeobium fernandezi Jarrige, 1952) syn. n. ist ein neues Synonym von Metopsia tenoensis (Franz, 1986) [Phloeobium tenoense]. - Für Megarthrus retusus Stephens, 1834, Metopsia ampliata Wollaston, 1854, Phloeobium gallicum Koch, 1938 und Phloeobium hispanicum Scheerpeltz, 1960 werden Lectotypen designiert. Bei den folgenden Nominalarten wurden die Holotypen untersucht: Metopsia cimicoides Wollaston, Phloeobium fernandezi Jarrige, Metopsia fernandezi Last, Phloeobium tenoense Franz und Phloeobium palmense Franz. Die folgenden Nominalarten wurden jeweils nach ihrem locus typicus determiniert: Silpha clypeata Müller [Odenbach am Glan, siehe Karte 1], Phloeobium corticale Boisduval & Lacordaire [Paris, siehe Karte 2] und Phloeobium gomerense Franz [Gomera, El Cedro, siehe Karten 4, 8]. Neben den wichtigsten Differentialmerkmalen auf 14 Tafeln werden Habitus-Fotografien aller Arten abgebildet. Die Fundorte sind auf acht Verbreitungskarten dargestellt. Es wird eine Tabelle zur Trennung der Arten vorgelegt. Drei Arten sind im wesentlichen kontinental verbreitet. Metopsia assingi besiedelt Anatolien ohne den Nordosten, Libanon und Israel sowie die Inseln Zypern und Rhodos. Metopsia clypeata ist über Nordafrika und weite Teile Westeuropas verbreitet und besiedelt disjunkt die schwedische Ostsee-Insel Gotland (siehe Karten 1, 2). Das weitgehend disjunkte Areal von Metopsia similis schließt sich östlich an das von clypeata an (Karten 1, 2). Es reicht nach Osten bis zum Kaspischen Meer. Auf der Insel Korsika, wo beide Arten gemeinsam vorkommen, gibt es eine ausgeprägte Höhenstufen-Differenzierung. Metopsia ampliata ist als einzige Art auf der Insel Madeira endemisch. Sie bewohnt hier die verschiedenen Ausprägungsformen des Laurisilva. Alle Metopsia-Arten der Kanarischen Inseln sind Insel- oder Lokalendemiten der westlichen Inseln, die natürliche Wald-Relikte tragen (ausgenommen El Hierro, wo Nachweise fehlen). Metopsia ist unter den kanarischen Staphylinidae mit acht lokalendemischen Arten eine der artenreichen und endemitenreichsten Gattungen. Fünf Arten sind lokale Endemiten auf der Insel Teneriffa. Je eine Art besiedelt die Inseln Gran Canaria, La Gomera und La Palma. - Metopsia ist ein Monophylum aus zwölf Arten, dessen Schwestergruppe die Gattung Megarthrus Curtis bildet. Das Monophylum Metopsia + Megarthrus steht in einem Schwestergruppenverhältnis mit Proteinus Latreille: Proteinus + (Megarthrus + Metopsia). Diese drei Gattungen bilden die monophyletische Tribus Proteinini, für die acht konstitutive Merkmale aufgeführt werden. - Die hierarchisch abgestuften Verwandtschaftsverhältnisse in der Gattung Metopsia sind überwiegend gut begründete Hypothesen. Metopsia ampliata von Madeira ist das Adelphotaxon der kontinental verbreiteten Arten, die mediterrane Faunenelemente darstellen und ihrerseits ein Monophylum bilden: ampliata + (assingi + (clypeata + similis)) [ampliata-Gruppe]. Die acht Arten der Kanaren [cimicoides-Gruppe sensu lato] sind die Schwestergruppe der ampliata-Gruppe und bilden ebenfalls ein gut begründetes Monophylum. Diese hypothetisierten Verwandtschaftsverhältnisse unterstützen nicht das Konzept einer 'Makaronesischen Region', vielmehr hat der Begriff 'Makaronesien' hier keine Berechtigung, weil kein adäquates Monophylum existiert. - Bei der Monophylie der cimicoides-Gruppe sensu stricto [vier Arten von Teneriffa] handelt es sich ebenfalls um eine Hypothese mit hohem Wahrscheinlichkeitswert. Gut begründet ist auch die Schwestergruppen-Beziehung (feloi [Teneriffa: Teno] + elytrata [Teneriffa: Anaga]). - Insgesamt weniger gut begründet sind die abgestuften Verwandtschafts-Hypothesen in der tenoensis-Gruppe [vier Arten von vier Inseln]. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß tenoensis [Teneriffa] die Schwesterart von canariensis [Gran Canaria] ist und mit den anderen Arten von Teneriffa nicht näher verwandt ist. - Zur Herausbildung der acht endemischen Metopsia-Arten der Kanaren war nur eine Kolonisation des Archipels notwendig. Die Stammart kam wahrscheinlich aus dem benachbarten saharischen Teil Nordafrikas über die Ostinseln des Archipels, als dort noch großflächig Lorbeerwälder (Laurisilva) existierten, wo sie heute wegen des radikalen Klimawandels völlig fehlen. Die frühere Insel Teno (Teneriffa) wurde wahrscheinlich von der früher ebenfalls separaten älteren Insel Anaga aus besiedelt und ein zweites Mal in Zusammenhang mit der Besiedlung der Inseln Gran Canaria, La Gomera und La Palma. - Die Metopsia-Fauna der Kanarischen Inseln ist eine typische Inselfauna. Sie besteht ausschließlich aus apteren lokalendemischen Arten, die Tertiärrelikte darstellen, im reliktären Ökosystem Laurisilva überdauern konnten und die zur Ausbreitung nicht fähig sind. Die meisten der neun Metopsia-Arten der Atlantischen Inseln sind stenöke Lorbeerwald-Bewohner. Für den Erhalt dieser Lokalendemiten, besonders auf den Kanaren, ist der Schutz der Lorbeer-Wälder von großer Bedeutung. Insbesondere die Laurisilva-Primärwälder um den Chinobre-Gipfel (Teneriffa: Anaga) und im Monte del Agua (Teneriffa: Teno) weisen jeweils einen lokalen Endemiten mit einem sehr kleinen Areal auf.

Stichwörter

Coleoptera, Staphylinidae, Proteininae, Proteinini, Metopsia, distribution, Western Palaearctic, Canary Islands, Madeira, taxonomy, new species and synonyms, diagnostic key, phylogenetic analysis, zoogegraphy, island endemics and local endemics, island fauna, history of colonization, Tertiary relicts, importance and protection of laurel woods.

Nomenklatorische Handlungen

flavus Stephens, 1834 (Megarthrus), syn. n. of Metopsia clypeata (Müller, 1821)
retusus Stephens, 1834 (Megarthrus), Lectotype; syn. n. of Metopsia clypeata (Müller, 1821)
ampliata Wollaston, 1854 (Metopsia), Lectotype
assingi Zerche, 1998 (Metopsia), spec. n.
canariensis Zerche, 1998 (Metopsia), spec. n.
elytrata Zerche, 1998 (Metopsia), spec. n.
feloi Zerche, 1998 (Metopsia), spec. n.
fernandezi Last, 1957 (Metopsia), syn. n. of Metopsia tenoensis (Franz, 1986)
neglecta Zerche, 1998 (Metopsia), spec. n.
similis Zerche, 1998 (Metopsia), spec. n.
corticale Boisduval & Lacordaire, 1835 (Phloeobium), syn. n. of Metopsia clypeata (Müller, 1821)
fernandezi Jarrige, 1952 (Phloeobium), syn. n. of Metopsia cimicoides Wollaston, 1864
gallicum Koch, 1938 (Phloeobium), Lectotype; syn. n. of Metopsia clypeata (Müller, 1821)
hispanicum Scheerpeltz, 1960 (Phloeobium), Lectotype, syn. n. of Metopsia clypeata (Müller, 1821)

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Veröffentlicht

1998-03-31

Zitationsvorschlag

Zerche, L. 1998: Phylogenetisch-systematische Revision der westpaläarktischen Gattung Metopsia Wollaston, 1854 (Coleoptera: Staphylinidae, Proteininae). - Beiträge Zur Entomologie = Contributions to Entomology 48(1): 3–101 - doi: 10.21248/contrib.entomol.48.1.3-101

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